Donnerstag, 25. Juli 2013

Beim nächsten Mal ...

„Kurz mal nach London und rasch wieder zurück. Habs schon gebucht.“ Das hatte der Hermann dem Lieschen so zwischen Tür und Angel gesagt und auch bereits alles andere geplant. „Supi“ fand die Liese das. Bis gestern. Da hat sie beim Kaffee mal mit dem Fräulein Grete darüber gesprochen und die fand das keine gute Idee. „Meinst du denn, du hältst das durch?“ hat sie gefragt und dabei zweifelnd geguckt. Den Kopf hat sie schief gelegt und die Lippen ein wenig zusammen gezogen. „Die Jüngste bist du ja nun auch nicht mehr“.

„Natürlich!“ hat die Liese gerufen und noch ein sehr lautes „Aber natürlich!“ hinterher geschoben. Wäre sie ein wenig leiser geblieben hätten sich die Damen vom Nachbartisch, die sich eh schon sehr für die Unterhaltung der beiden interessierten, vielleicht nicht eingemischt. Aber so fühlten sie sich geradezu eingeladen und überschütteten nun besonders das Lieschen, aber auch die Grete mit ellenlangen Hiobsbotschaftsgleichen Erzählungen von ätzenden Busreisen in ferne Städte. 

Lieschen erinnert sich nicht mehr an die Einzelheiten. Sie weiß nur noch, dass das Fräulein Grete oft genickt hat, aufgeregt immer noch einen Cappuccino bestellt hat und an manchen Stellen der gruseligen Berichte sogar mahnend den Zeigefinger gehoben hat.

Lieschen selbst hat den Damen dann Einhalt geboten, versprochen noch einmal darüber nachzudenken und darum gebeten, das Thema zu wechseln. Als die Grete dann mit den Giften in den Kosmetika anfing, verloren die Nachbartischdamen ziemlich schnell das Interesse an weiterer Einmischung. Kein Wunder. Einen kritischen Blick darauf konnten sie sich ganz offensichtlich nicht leisten. Sie waren von der Sorte, die vermutlich auch zum Briefkastenleeren so extrem geschminkt gingen wie sie sich hier präsentierten. Die Nachbarn könnten sie sonst vielleicht gar nicht erkennen und würden eventuell die Polizei wegen Hausfriedensbruch verständigen, wenn sie sie bar jedweder Farben im Treppenhaus hantieren sähen. Vermutete jedenfalls die Liese. Und leise flüsternd hat die Grete ihr zugestimmt.

Jedenfalls hat die Liese heute Nacht sehr schlecht geschlafen und immer wieder diese schrecklichen Argumente gegen die Reise im Bus hin und her bewegt. Und am Morgen hat sie dann entschieden, den Warnungen zu folgen und zu Hause zu bleiben.

Jetzt fährt der Hermann alleine. Findet er auch prima. Hauptsache London, sagt er. Der wollte die Warnungen der Damen von gestern gar nicht hören. Konnte er auch nicht, weil er sich einfach die Ohren zugehalten hat. Da hat auch Lieschens lautes Sprechen nix genützt.



Beim nächsten Mal wird sie das auch so machen, denkt sie jetzt. Einfach die Ohren zuhalten. Und nach London fahren wie Hermann. Und das Parfum einfach weiter benutzen wie die Grete. Beim nächsten Mal. 





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Beides ist sowohl der Liese als auch mir eine große Freude! :-)))