Montag, 30. September 2013

Lieschen tanzt schon lange aus der Reihe

Lieschens Antwort auf Fräulein Grete Meiers Post Nr. 61 ---> guckst du hier 


Dass die Frau von Gretes Chef ihren sternhagelvollen Gatten so aufs Glatteis geführt hat, gefällt dem Lieschen. Dass es sich aber offensichtlich um einen Teil eines Rituals handelt, mutet die Liese seltsam an. 
Er lässt sich, in ihren Augen, was zu Schulden kommen, muss dafür „etwas springen lassen“, sie bestimmt den Preis, er zahlt ihn mithilfe seiner Sekretärin Grete Meier und die Gattin bekommt etwas, das sie ohne sein Verschulden nicht bekommen hätte, aber von ihm wollte? Klingt kompliziert, findet die Liese.

Lieschen selbst könnte das Malheur von Gretes Chef am gestrigen Abend ja nicht mehr passieren. Nicht, dass ihr etwas Vergleichbares noch nie passiert wäre. Nein. Das ist ihr schon passiert. Oft sogar. Viele Nächte ihres Lebens hat sie dem Alkohol geschenkt. Aber das ist schon lange her.

Seit mehr als 25 Jahren trinkt das Lieschen keinen Tropfen mehr. Also Wasser und Saft schon. Aber halt keinen Alkohol. Sie selbst findet das super und der Hermann auch. Der hat ihr das nämlich  nachgemacht. „Ach weißt du was?“ hat er gesagt als ihm klar wurde, dass die Liese tatsächlich niemals Alkohol trinkt, „dann lasse ich das ab heute auch.“ Natürlich war das eine Freude für das Lieschen. Sie mag nämlich nicht mit Betrunkenen zusammen sein. Auch nicht mit Angetrunkenen. Und weil der Hermann das selbst so rasch entschieden hat, musste sie ihn nicht einmal darum bitten, nichts oder wenig zu trinken. Das war natürlich ein Geschenk des Himmels. Für sie beide.

Nicht jedoch für ihre Freunde und all die Leute, die sie im Laufe der Zeit kennen gelernt haben. Bei Hermann und Lieschen gibt es nämlich auch bei Einladungen keinen Alkohol zu trinken. Das gefällt nicht jedem. Und wenn die beiden von Menschen eingeladen werden, die sie noch nicht gut kennen, bieten die natürlich immer Alkohol an. Und wenn die Liese dann sagt „Danke. Nein. Mir ein Wasser“ nimmt das Drama gewöhnlich seinen Lauf. 

Mit Fragen wie „du musst doch nicht mehr fahren, oder?“, „ach komm, ein Sektchen wirst du dir doch nicht entgehen lassen, oder doch?“ und Vergleichbarem beginnt es. Wenn Lieschen dann sagt „Ach nein, ich trinke nie Alkohol“ oder „ich hab die Gesamtmenge Alkohol, die für ein Leben vorgesehen ist, bereits intus“ kommt so richtig Fahrt in die Sache. „Gaaar keinen Alkohol??? Nicht mal ein Bier?“  beantwortet mit z.B. „Nö, nicht mal ein Bier“ ist in den meisten Fällen der Startschuss zu Erklärungen, dass so ein Bierchen ja quasi nix ist, der Sekt ein ganz Besonderer ist, sie selbst ja auch nicht viel trinken, so ein Fest oder solch ein Essen doch nach angenehmen Getränken verlangt und so weiter.

In all den Jahren hat sich da nichts geändert. Hermann und Lieschen sind Exoten und für eine normale Feiergemeinde eine Herausforderung. Nicht weil sie sagen, dass die anderen ebenfalls nichts trinken sollen. Das sagen sie nie. Meinen sie auch nicht. Wohl auch nicht, weil sie meistens relativ früh wieder gehen. Das ist ja eher gut. Für alle. Sondern vielleicht, weil sich manche der anderen Anwesenden beobachtet fühlen, von Menschen, die alles mitbekommen und sich auch am nächsten Tag noch an alles erinnern können, was vorgefallen ist? Das ist natürlich für manche auch nicht schön. Gretes Chef wäre es bestimmt nicht Recht, oder? Dabei wären die beiden auch in einem solchen Fall an Rechtfertigungen nicht interessiert. 

Manchmal juckt es das Lieschen in den Fingern bei solchen Gelegenheiten Zigaretten zu verteilen. „Ach komm, ein Zigarettchen macht doch nix. Ist doch soooo gemütlich. Schließ dich doch nicht so aus.“ Aber das macht sie nicht. Erstens weil sie das Rauchen selbst gruselig findet und nicht täte, wenn sie nicht süchtig danach wäre und zweitens weil sie gelernt hat, dass das ja zwei völlig unterschiedliche Paar Schuhe sind. Trinken ist normal. Rauchen nicht mehr.


Aber im Grunde meint das Lieschen: jeder wie er mag. Nur zu Erklärungen hat sie keine Lust. Auch wenn sie diejenige ist, die aus der Reihe tanzt.






Grete und Lieschen als kostenloses E-Book - die ersten 50 Kapitel: 


Sonntag, 29. September 2013

Lieschen antwortet heute nicht

Lieschens Antwort auf Fräulein Grete Meiers Post Nr. 60 ---> guckst du hier


Das Lieschen kann auch kein Italienisch. Aber das macht ihr nichts aus. Jedenfalls heute nicht. Denn heute hat sie kein Mitteilungsbedürfnis. In keiner Sprache. Sie wüsste nicht, was sie erzählen sollte. Heute kann sie sich mal wieder gar nicht vorstellen, was andere interessieren könnte. „Das macht doch alles keinen Sinn“ sagt sie zu Hermann, der gemütlich am Küchentisch sitzt, seine Abendbrote isst und Politikerstatements zu bevorstehenden, oder eben aus vielen Gründen nicht bevorstehenden, Sondierungen studiert. Er guckt kurz hoch, betrachtet das Lieschen, guckt schnell wieder auf den Laptop, fragt „was?“ und scrollt weiter mit der Mouse.

„Genau“ sagt die Liese und geht wieder in ihr Zimmer. Dort hatte sie schon das gesamte Wochenende verbracht. Ganz in Gedanken. Über sich selbst, den „Mensch an sich“ und das, was Menschen so über sich preisgeben. Sie hat neben manch kreativen Dingen, die ihr Freude machen auch mehrfach ihre Facebookstartseite besucht und in verschiedenen Blogs gelesen.

Alle teilen irgendetwas mit. Was sie gestern getan haben, was sie für morgen planen, wer auf sie aufmerksam geworden ist oder auf sie aufmerksam werden soll. Sie erläutern ihre Meinungen oder mindestens die, von denen sie annehmen, dass sie keine Shitstorms auslösen. Oder beteiligen sich an Shitstorms. Das heißt, so musste das Lieschen in den letzten Monaten lernen, dass sie mit lauten unflätigen, beleidigenden Worten der virtuellen Welt erklären, dass ihnen das, was der Adressat ihrer Worte tat oder zu tun gedenkt oder was auch immer, nicht passt. Also nicht persönlich. Nicht in Jogginghose Aug in Aug. Nein. Virtuell.

Im Klartext heißt das: Pixel erklären mithilfe von Pixeln anderen Pixeln irgendwas. Wahr ist das nicht. Oder doch?

Lieschen geht noch einmal zu Hermann in die Küche und sagt „sind doch nur Pixel, oder?“ Hermann schaut wieder kurz hoch, fragt „was?“ und noch bevor er den Kopf wieder senken kann, sagt sie „alles, was du da so liest oder im Fernsehen guckst“. Hermann ist jetzt nicht nur ein bisschen genervt durch die Störung sondern auch ein wenig neugierig. Was ihn zu einer weiteren Frage bringt. „Was, um Himmels Willen meinst du?“ „Naja. All die Leute, all die Politiker, all die Journalisten, deren Meinungen und Statements du hier zu dir nimmst, sind doch nur Pixel im Falle vom Internet und Wellen oder so im Falle des Fernsehens. Oder etwa nicht?“ Spätestens jetzt glaubt Hermann, Lieschen stört nicht nur sein Abendritual, sondern ist auch gestört. Noch ein bisschen gestörter als sonst. 
Diese Schublade kennt Lieschen, fühlt sich ganz wohl darin und fragt ungestört weiter. „Die sind doch nicht echt, oder? Hast du irgendjemanden von denen schon mal persönlich gesehen?“ Hermann sagt „Nein, hab ich nicht“ und wendet sich wieder seinem Computer zu.

So kommt die Liese nicht weiter. Also wird sie konkreter und fragt ungeachtet des Desinteresses ihres Hermanns an einem Gespräch: „Was zum Beispiel denkst du über den Shitstorm, den Herr Berlusconi auf Facebook erlebt hat?“ Hermann stöhnt und sagt „Facebook? Facebook ist Mist!“ Das findet das Lieschen mittlerweile auch. Bringt sie aber nicht weiter. 

Sie muss einen Text als Antwort auf Gretes Tagesbericht schreiben. Und sie will um Himmels Willen nichts schreiben, was keine Bereicherung für die Lesenden ist. Davon wimmelt es ja im Internet und im Fernsehen. Von Mitteilungen, die niemanden interessieren, die nicht von Bedeutung sind, oft nicht einmal der Wahrheit entsprechen und vor allem keine Bereicherung sind. Geschrieben oder gesprochen von Pixeln oder Wellen. Je nachdem.

Lieschen hat keine Lust, sich darzustellen wie Herr Bohlen oder all die supertalentierten Menschen, die mal „im Fääärnseeeen“ wollen. Lieschen hat überhaupt kein Mitteilungs- oder Darstellungsbedürfnis. Hermann sagt, das hätte er auch nicht. Das könnte sie aber bereits an seiner abweisenden Art bemerkt haben. Er hätte ihr das schließlich Live gezeigt. 

Lieschen nickt und sagt„Ich hab nix zu sagen und will mit diesem nix nicht der Anlass für die Zeitverschwendung anderer Menschen sein, auch wenn ich die nicht kenne, weil sie nur Pixel sind.“ Als Hermann sagt „dann lass es doch und sag auch nix“, beschließt das Lieschen seinem Rat zu folgen und heute mal nichts auf Gretes Tagesbericht zu antworten.






Grete und Lieschen als kostenloses E-Book - die ersten 50 Kapitel: 

Freitag, 27. September 2013

Das Lieschen, Schuld, Entschuldung und Entschuldigung

Lieschens Antwort auf Fräulein Grete Meiers Post Nr. 59 ---> guckst du hier

Dass die Grete sich entschuldigen kann, wenn ihr mal was danebengegangen ist, findet das Lieschen prima. Und die Art und Weise wie Grete dann vom Zustandekommen des jeweiligen Malheurs berichtet, bringt die Liese jedes Mal aufs Neue zum Lachen. Und natürlich nimmt sie, falls sie ihr galt, die Entschuldigung jedes Mal gerne an.
Nicht weil ihr eine Entschuldigung wichtig wäre. Ohne Urteil keine Schuld. Wer nicht verurteilt, verteilt auch keine Schuldigkeit. Und ohne Schuld braucht es selbstverständlich keine Ent-Schuld-igung. Weiß sie heute.

Doch das war nicht immer so. Lieschen hat ja im Laufe ihres Lebens schon vielen Menschen Leids zugefügt. Viele Jahre hat sie das einfach in Kauf genommen, weil sie sich im Recht fühlte, glaubte, sich verteidigen zu müssen oder einfach weil sie ihren Vorteil suchte. Und sie hat verurteilt, was das Zeugs hält. Alles was nicht nach ihrer Mütze ging, hat sie als falsch hingestellt. Jedem, der ihr nicht gab, was sie offen oder versteckt verlangte, hat sie beschuldigt und verurteilt.
Auf die Idee der Entschuldung oder Entschuldigung wäre sie lange Zeit nicht wirklich gekommen.

Lieschen stammt ja aus einem katholischen Haushalt. Also einem sehr katholischen Haushalt. Familienmitglieder im Pfarrgemeinderat und Kirchenvorstand. Religionsunterricht, Kommunion, Jugendarbeit. Sogar Vorbeterin war unsere Liese in ihrer Jugendzeit. Und natürlich hatte sie von der Notwendigkeit der Vergebung bereits gehört. Und natürlich nicht nur einmal. Nein oft. Beinahe jeden Sonntag. Denn das ist ja der Tag, an dem es eine Stunde lang unter anderem um die Befreiung von Sünden gehen soll. Jedenfalls theoretisch.

Praktisch hat das Lieschen ganz anderes gesehen. Menschen aus deren Mund Entschuldigungen kamen, die also vornerum sehr freundlich und gütig wirkten, rammten sich hintenrum Messer in die Rücken.

In ihrer Zeit als aktive Katholikin war das Lieschen komplett verwirrt. Sie war nicht in der Lage, die Lehre, die ihr vermittelt werden sollte und die Praxis, die sie sah, zusammenzubringen.
„… und vergib uns unsere Schuld … wie auch wir vergeben unseren Schuldigern …“. Wie oft hat sie das mitgesprochen und was es bedeutet hat sie bis heute nicht begriffen.

Viel später erst hat sie verstanden, dass es diese Schuld möglicherweise gar nicht gibt. Weder in ihr noch in anderen. Sie hat dafür den Weg der Entschuldigung gebraucht. Das hat ihr viel Arbeit gemacht. Damit hat sie sich viel Arbeit gemacht. Und es hat sie befreit.

Heute glaubt sie, dass sie oft Fehler macht. Und das das im Leben gar nicht anders geht. Die Fehler versucht sie zu ergründen, nicht zu wiederholen und falls jemand anderes in Mitleidenschaft gezogen wurde, entschuldigt sie sich. Oft ungeachtet der Tatsache, ob der andere ihr nun Schuld gibt oder nicht. Sie tut es einfach für sich. Zu ihrer Befreiung. Falls es etwas „gut zu machen gibt“, dann versucht sie das zusätzlich.

Andere machen auch Fehler in Lieschens Augen. Und damit ist sie auch milde geworden. Mit den Jahren und mit wachsender Erkenntnis. Oft nimmt sie hin, was geschieht. Weil sie annimmt, dass es so sein soll wie es ist. Woraus sie das schließt? Daraus, dass es so ist wie es ist.

Wenn sie aus Versehen oder aus alter Gewohnheit einmal Schuld verteilt, holt sie sie meistens relativ rasch wieder zurück. Indem sie den anderen entschuldigt oder indem sie das Wort tauscht. Wenn sie sich darauf konzentriert, dass es sich statt um Schuld um einen Fehler handelt, erinnert sie sich wieder, dass, wie das Wort ja schon sagt, etwas fehlt. Und das Fehlende könnte genauso gut wie beim anderen auch in ihrer eigenen Betrachtungsweise liegen.


Wenn es aber, wie heute bei der Grete, zu einer Entschuldigung nach den Folgen ungebetenen Besuchs kommt, mag das Lieschen das auch. Und was sie am liebsten mag, ist das befreiende Lachen danach. Das heilt alles. Meint sie.




Grete und Lieschen als kostenloses E-Book - die ersten 50 Kapitel: 

Das Lieschen und die Freiheit von damals

Lieschens Antwort auf Fräulein Grete Meiers Post Nr. 58 ---> guckst du hier

Lieschen hatte sich am gestrigen Mittwoch ganz spontan entschieden, bereits schon am Vormittag in Richtung Innenstadt zu fahren. Hermann war selbst mit Freunden unterwegs. So fiel es ihr leicht, ohne große Absprache von jetzt auf gleich ihre Tasche zu nehmen und loszufahren. Fürs Kaffeetrinken war sie fünf Stunden vor der Zeit.

Sie hat sich einfach treiben lassen. Also nicht im Sinne von schnell oder hektisch, sondern im Sinne von „ohne Plan und Ziel für die nächsten fünf Stunden“. Schon in der Bahn begann, was später seinen Lauf nahm. Kaum hatte sie es sich gemütlich gemacht, sprach sie ein, wohl in die Jahre gekommener aber noch gut erhaltener, „Hippie“ an. „ Bist du das?“ Lieschen war erstaunt. Sie kannte diesen Mann nicht. Oder zumindest glaubte sie, ihn nicht zu kennen. 
„Aber ja doch! Du bist das! Erinnerst du dich nicht? Damals. 85. Auf Ibiza!“ Lieschen erinnerte sich nicht. Jedenfalls nicht sofort. „85 ist ja eine Ewigkeit her. 1985! Voriges Jahrhundert!“  Sie schaute immer noch erstaunt. Erstaunt. Aber mittlerweile auch ein wenig interessiert. Mit dem Gedanken "kann sein, dass es 85 war als sie viele Monate auf Ibiza verbrachte", näherte sie sich ihm und auch ihrer Vergangenheit, von der sie das Meiste vergessen hatte. 

Er half ihr auf die Sprünge. Ein paar Namen, ein paar Begebenheiten und Lieschen fand sich in längst untergegangenen Zeiten und deren Gefühlen wieder. Frei war sie damals. Ganz frei. Jedenfalls äußerlich. Sie dachte, die Welt stünde ihr offen und sie könnte alles ausprobieren, tun und erreichen, was sie wollte. Alles. Schon damals war sie kein Teenager mehr. Hatte auch da schon so manches erlebt, für das andere mehrere Leben benötigen. Aber sie war noch jung und fit und vor allem neugierig auf alles.

Charlie hieße er heute, sagte der, der eine Art Hippie geblieben war. Der alte Name hätte ihm nicht mehr zugesagt und außerdem sei manches vorgefallen, was eine Namensänderung sinnvoll erscheinen ließ.

Da er Zeit hatte und Lieschen auch noch, stiegen sie aus der Bahn aus und gingen zu Fuß in Richtung Innenstadt. „Bewegung braucht das Leben und Bewegung brauchen wir zum Leben“, sagte er und erzählte viel von damals und von den Jahren danach. Von drei Kindern in drei unterschiedlichen Ländern. Von Gelegenheitsarbeiten, Wintern in Goa, Thailand und anderen warmen Ländern. Vom Ungebundensein, vom IndenTaghineinleben, vom Jungbleiben und von Carpediem. „Don´t stay where you don´t like it“ und „Don´t do what you don´t like” klingt jetzt noch in Lieschens Ohren. Obwohl er damit sein Lebensmotto meinte und es wohl kaum als Befehl an sie verstand, fasste Lieschen es so auf.

Zusammen mit den aufgetauchten Gefühlen, der Leichtigkeit und der Freiheit von damals brachten diese Sätze Seiten in ihr zum Klingen, die ein wenig verblasst waren.
„Remember your child!“ sagte Charlie zum Abschied, verließ Lieschen zum zweiten Male und tanzt seit dem vermutlich weiter durch sein Leben, so wie es ihm entspricht.
Die verbleibende Zeit bis zum Treffen mit ihrer Grete verbrachte Lieschen gehend und sinnierend mitten in der Vergangenheit.

Am Café angekommen warf sie gleich eins der vielen Ge- und Verbote über Bord, mit denen sie sich zunehmend im Leben strangulierte. „Vegan ist ja schön und gut. Wenns passt.“ Dachte sie und bestellte sich eine volle Ladung Milchprodukte. Heiße Schokolade und den „Pflaumenkuchen ihrer Großmutter“, die es wie keine andere verstand, dem Lieschen Mut zu machen, so zu leben wie es zu ihr passt. Nicht weil sie selbst so lebte. Sondern weil sie es nicht tat und Lieschen sehen konnte, dass das krank macht.

Wäre Lieschen nicht so versunken gewesen, hätte sie den Kuchen natürlich nur für sich bestellt und Grete ihre Bestellung, wie immer, selbst überlassen. Für das Problem, das sie der Grete dadurch verursachte, hätte die Liese sich am frühen Morgen noch verurteilt. Doch inmitten der Freiheit, die Charlie ihr zurückgebracht hatte, lachte sie mit ihrer Grete über deren „Eiern“ um das Wörtchen NEIN und das anschließende Nichtausführen desselben.

„Das wird schon“ sagte die Liese zur Grete während sie ihr den gesamten Mittwochnachmittag von „damals“ erzählte, das ihr immer fühlbarer wie „heute“ erschien. Jedenfalls für den Moment.




Grete und Lieschen als kostenloses E-Book - die ersten 50 Kapitel: 

Mittwoch, 25. September 2013

Lieschen und gefärbte Brillen

Lieschens Antwort auf Fräulein Grete Meiers Post Nr. 57 ---> guckst du hier

Heutzutage kennt sich die Grete mit den Reichen und Schönen, den Berühmten, den Unrühmlichen und den A-bis-Z-Promis viel besser aus als das Lieschen. Grete liest gerne über deren Leben, Glück, Unglück und alle die Kleinigkeiten, die sie an die Presse geben oder die sich, unterbezahlte freie Mitarbeiter der Yellowpress mangels echter Informationen täglich aus den Fingern saugen.

Die Grete liebt es, mit ihrer rosaroten Brille die Menschen zu betrachten, die sich, selbst verschuldet oder unverschuldet, im grellen Licht der Öffentlichkeit tummeln. „Gretes Promis“ leben in rosaroten Welten. 
Die Welt der Menschen, die das Lieschen betrachtet, ist anders gefärbt. Offensichtlich liegt das aber nicht so sehr an dem, was es da zu gucken gibt, sondern vielmehr an Lieschens Brille. Die rosarote hat sie schon vor langer Zeit verlegt und nicht mehr wieder gefunden.

Lieschen weiß, dass die Grete auch heute noch an große Lieben glaubt, bei Sissifilmen weint und Prettywoman für einen Lebensratgeber hält. Sie weiß, dass sich die Grete im Grunde wünscht, dass das Lieschen die Welt genauso sehen könnte wie sie sich ihr selbst zeigt. Rosarot und unbefleckt. Aber Lieschens Brille gleicht einem dieser Scanner, die auf Flughäfen nun doch nicht angeschafft wurden. Lieschens Brille führt ihren Blick immer hinter die Fassaden und zwingt sie zu einem weiten Rundumblick. Lieschen sucht nicht nach dem Grauen oder Andersfarbigen im eigenen Leben oder dem der anderen. Ihre Brille ist es, die ihr zeigt, was sie sieht.

Manchmal. Ganz selten, leiht sie sich Gretes Brille und sieht, was die sieht. Und dann freut sie sich kurz mit ihr gemeinsam über die neuentbrannte Liebe von Herrn Schweighöfer zu seiner Ex und die Tatsache, dass sie ein weiteres Kind gezeugt haben. Ganz kurz. Dann fällt ihr die rosarote Brille von der Nase, ihre eigene nimmt ihren angestammten Platz ein und schon vermutet die Liese, dass das, was Grete für ein Happyend hält, der Anfang von etwas ist, das vielleicht weder ein „End“ noch „happy“ ist.
„Jetzt fängt es doch erst an“ hört sich das Lieschen in solchen Momenten sagen und sieht Gretes Enttäuschung, obwohl die sie gerne verbergen möchte und am Liebsten „Ach ja, das ist ja soooo schön“ auch aus Lieschens Mund gehört hätte. Doch Lieschen kann das nicht. Und Grete hat keine Scannerbrille. Oder auch nur mal ganz kurz. Probeweise. Solange bis sie ihr von selbst von der Nase fällt und automatisch von der hübschen Rosaroten ersetzt wird.

Ganz früher hat das Lieschen die ausgelesenen „Romänchen“ ihrer Großmutter verschlungen. Da hatte sie es „für nen Groschen“ und ein Stündchen mit Verlieben, Krankenschwestern, Ärzten und Happyends zu tun. Kurze Zeit hielt sie das Gelesene für möglich. Auch weil die Oma ihr das, wider besseres Wissen, glauben machen wollte und es selbst auch irgendwie glaubte. Jedenfalls hat sie nach dem Tod von Lieschens Großvater täglich die Todesanzeigen anderer Herren studiert und wenn sie einen mit ordentlichen Titeln fand, gesagt: „siehste, den hätte ich auch haben können. Der hätte länger gelebt als der Opa und ich hätte heute ne ordentliche Pension.“

Als Kind war das Lieschen eine Leseratte. Außer den Romänchen hat sie alles gelesen, was gedruckt war und ihr in die Finger kam. Dank des Bücherschranks ihrer Eltern und der Existenz der Stadtbücherei war das viel. 

Das Buch, an das sie sich heute noch erinnert und das sie in Abständen und (zufällig) mehrmals gelesen hat, handelte von einem blinden Mädchen, das sich die Welt ohne ihre physischen Augen erschloss.
Lieschen hat das Mädchen beneidet. Dafür, dass sie vieles, was sie selbst sehen musste, nicht sehen konnte und somit auch nicht musste.

Lieschen mochte die Oma und Lieschen mag die Grete. Aber sie kann nicht so sein wie die beiden. Und sie sieht bei gleichem Bild nicht dasselbe wie die. Das weiß sie heute. Und versucht es nur noch selten. 





Grete und Lieschen als kostenloses E-Book - die ersten 50 Kapitel: 





Montag, 23. September 2013

Lieschen, kurze knackige Sätze und Klangfarben von Stimmen

Lieschens Antwort auf Fräulein Grete Meiers Post Nr. 56 ---> guckst du hier


Das Lieschen ist froh, dass sich die Grete auch dieses Jahr wieder den Todestag frei genommen hat. Und sie ist glücklich darüber, dass die Grete den Tränen erlaubt hat, ihren Dienst zu tun. Frei waschen sollen sie. Jedes Mal ein bisschen mehr. Und das haben sie offensichtlich gemacht. „Prima“ meint das Lieschen und Gottseidank auch die Grete, die beim spätnachmittäglichen Telefonat so aufgeräumt wie schon lange nicht mehr wirkte.

„Ob der Rösler, der Brüderle und all die anderen gelben, nun nicht mehr bettelnden, Knalltüten sich wohl auch den 22. 09. im nächsten Jahr frei nehmen?“ war eine Frage über die auch die Grete herzhaft lachen musste. "Klug wären sie. Tut ja gut." meinte die Grete und das Lieschen bezweifelte, genau aus diesem Grund, dass sie es tun werden. Sofern sie dann überhaupt wieder einen Job haben.

In der Haut dieser Herren möchte das Lieschen ja nicht stecken. Da haben die in kürzester Zeit eine ganze Partei einfach an die Wand gefahren. Einfach kaputt. Nicht mehr im Spiel. Und dann steht da so ein alter Mann, der gerne Mal sehr tief in bereitstehende Gläser guckt, während der Pressekonferenz am Mikrofon, sagt, er übernehme Verantwortung (welche lässt er offen, wie auch)  und erwähnt doch tatsächlich, dass ER nach seinem SCHWEREN Unfall, der eigentlich 10 Wochen Rekonvaleszenz gefordert hätte, bereits nach 4 Wochen wieder im Wahlkampf zugegen war. „Ja. Isses denn wahr?“ Lieschen schüttelt auch während ihres telefonischen Berichts im Grunde noch immer den Kopf. Grete hat ja keine der Pressekonferenzen sehen können. Und Lieschen musste sie auf den neuesten Stand bringen. Hat sie auch gemacht. Aus dem Kopf schütteln ist sie während dessen eigentlich nicht mehr heraus gekommen.

Auch die Erinnerung an die Begegnung mit der Nachbarin auf dem Weg zur Mülltonne bewegt Lieschens Kopf immer noch. Hin und her. „Moooorgän! Na da haben sie ja jetzt ihr Wunschwahlergebnis. Herzlichen Glückwunsch!“ hatte die Liese ganz freundlich gesagt. Sie ist ja Demokratin und hat gestern am Fernseher gelernt, dass Demokraten gratulieren. Und das hat sie gemacht. In der irrigen Annahme, auf Freude bei der Nachbarin zu stoßen. Vielleicht nicht so sehr über den Glückwunsch, aber sicher doch über das Ergebnis. Doch weit gefehlt. Die liebe Nachbarin sagte: „Naja. Sooo habe ich das doch nicht gewollt.“ Lieschen verschluckte sich beinahe an dem Apfel, den sie auf dem Weg knabberte, fragte aber doch: „Nein?“ „Nein. Große Koalition. Das wäre es gewesen.“  Dass dann das doppelte Kreuzchen bei der CDU vielleicht nicht ganz geeignet war, erwähnte Lieschen nicht. Sie weiß, dass die Nachbarin die Kreuze schon immer dort macht. Offensichtlich auch wenn ihre Wünsche in ganz andere Richtungen gehen.

Lieschen, die in ihren wahlberechtigten Zeit nur seeehr wenige Kanzler erlebt hat, ist gespannt, was die Frau Kanzlerin, die sie ja wohl bleibt, mit ihrem Riesensieg nun anfängt. Wie lange werden die anderen sie hinhalten? Was wird werden? Ist es von Bedeutung? Kann man von einem "schwarzen Deutschland" sprechen, wenn doch die linken Parteien die Mehrheit haben? Lieschen weiß das nicht.

Was sie aber weiß ist, dass sie die einlullende Sprache samt Tonfall und in Worten zurückgehaltenener Informationen der (meisten) CDU Politiker nicht ertragen kann.

Was waren das noch für Zeiten als die alten Haudegen aus der SPD ihre klaren kurzen Sätze mit einem einzigen, aber klaren Nebensatz in bereitgestellte Mikrophone bellten. Weg sind sie. Bald alle. Danach hat das Lieschen Sehnsucht. Nach diesem Satzbau. Nach diesen Körperhaltungen und nach diesen Stimmlagen. Deshalb hatte sie auch Freude an der heutigen SPD-Pressekonferenz. Ein bisschen des geliebten Stils dieser alten Zeit transportierten Steinbrück und Gabriel in Lieschens Welt. Heute besonders. Klare Ansagen. Extrem kurze Sätze. Zurückgelehnt aufgerichtete seitlich zum Pult gedrehte Körper, die Lieschens Nachbarin arrogant nennen würde, Lieschen aber sehr mag und eben dieser Satzbau! Eine Wohltat für die Ohren unseres Lieschens.

Als sie der Grete von ihrem Plan berichtete, sich bei „Wetten dass?“ mit der Wette Ich erkenne die Parteizugehörigkeit von Politikern am Klang ihrer Stimme und dem verwendeten Satzbau bewerben zu wollen, brach die Grete wieder in Tränen aus. Diesmal vor Lachen glucksend. Und mit dem Lieschen um die Wette.




Grete und Lieschen als kostenloses E-Book - die ersten 50 Kapitel: 

Lieschen, die Liebe, die Stärke und die Schwäche

Lieschens Antwort auf Fräulein Grete Meiers Post Nr. 55 ---> guckst du hier

Nachdem das Lieschen in aller Ruhe in einem Miniräumchen der nahegelegenen Schule ihre zwei Kreuzchen gemacht und später den Startschock über die ersten Hochrechnungen bereits ein wenig verdaut hatte, rief endlich die Grete an und berichtete von ihrem Samstag.

Lange hat das Lieschen ruhig zugehört. „Mhm – Och – Ach du meine Güte“ war das einzige, was sie in unregelmäßigen Abständen einwarf. Gelacht hat sie nicht. Auch die Grete nicht. Sie hat wahrscheinlich nicht mal gelächelt. Lieschen hört Gretes Lächeln nämlich an der Klangfarbe ihrer Stimme. Also sie würde es hören, wenn es vorkäme. Und es kam nicht vor. Auch nicht als die Grete zum wiederholten Male sagte: „Natürlich musste ich das tun. Ich liebe sie doch über alles“. Dem Lieschen sind solche Sätze unheimlich. Was das wohl heißt, hat sie sich schon oft gefragt. Nicht nur im Zusammenhang mit Grete, die ja bekanntermaßen zu Überanstrengungen wegen des Hintenanstellens der eigenen Bedürfnisse zugunsten der, oft nicht einmal ausgesprochenen, Bedürfnisse von anderen neigt.

Während Lieschen zuhörte, fragte sie sich zum wiederholten Male, was das wohl sein mag. Diese ominöse Liebe, die Menschen dazu bringt, das eigene Lachen und Lächeln zu verlieren. Die Liese bezweifelt, dass es möglich ist, irgendwen oder irgendwas über alles zu lieben. Auch über sich selbst?

Oft ist es wohl genau so, sinniert  das Lieschen weiter, während die Grete in die Beschreibung ihres WaschbügelFahrundBesuchsvormittags kurz ihre eigenen Rückenschmerzen einwirft, die sich natürlich wieder eingestellt haben. Und ihr fiel das alte Ehepaar ein, das sie eben vor dem Wahllokal gesehen hat. Die Frau hangelte sich am Geländer die vielen Stufen herunter, während der Mann langsam neben ihr herging und sie „anfeuerte“. Er hielt sie nicht. Er trug sie nicht. Er war einfach da. Neben ihr. Und sie nutzte die Kraft und Fähigkeit, die sie offensichtlich hatte. Unten angekommen, gab er ihr ihre Krücken, sie richtete sich ein wenig auf und beide strahlten. „Siehste“ sagte er „hast du das auch wieder geschafft.“ 
Lieschen ist jetzt noch froh, dass sie ihrem ersten Impuls widerstanden hat, hinzulaufen und die Frau auf ihrem Weg zu stützen. Und doch vermutet sie, dass sie, hätte man sie bei „ihrer unterlassenen Hilfeleistung“ beobachtet, genau dafür verurteilt worden wäre. Wie so oft schon.

In diesem Telefonat hat das Lieschen nicht mit der Grete geschimpft. Sie hat sie aber auch nicht gelobt. Im Grunde ist sie bei ihren Mhms, Ochs und dem AuchdumeineGüteausruf geblieben. Nur ganz zum Schluss des Telefonats hat sie ihr geraten, sich selbst nicht zu vergessen. „Wenn du dich im Leid der anderen verlierst, nützt das niemandem“ hat sie leise gesagt. Grete hat das nicht sofort verstanden. Vielleicht war es auch einfach zu leise. Vielleicht war er zu undeutlich. Dieser Ruf nach der Liebe und dem Ausdruck auch sich selbst gegenüber. Den meinte das Lieschen und widerstand weiteren Erklärungen und auch der Aussprache des Vorschlags, dass sie sich ja, während Grete auf der Arbeit ist, um deren Bügelwäsche kümmern könnte.

Liebe, so meint das Lieschen, liebt alles oder nichts. Lieschen weiß nicht, ob sie liebt. Manchmal glaubt sie: ja. Manchmal glaubt sie, dass sie dazu nicht fähig ist. Jedenfalls meint sie, gelernt zu haben, dass über alles unmöglich ist. Und falls doch gelebt, zu größerem Leid führt.

Die Grete hat versprochen, wenigstens früh ins Bett zu gehen und so für genügend Schlaf zu sorgen. Von sich aus. Ohne dass Lieschen das „gefordert“ hätte. Hoffentlich hat sie es gemacht.


Sie selbst verfolgt noch ein bisschen die Ergebnisse der Wahl und die Äußerungen der Beteiligten und Verantwortlichen. Sie ist gespannt auf die kommenden Koalitionsverhandlungen. Sie ist gespannt, wer welche Positionen behalten undoder aufgeben wird. Wer wird stark sein, bleiben oder werden? Inmitten der Verhandlungen, die zu einer gemeinsamen Stärke führen sollen. Wer braucht da eigentlich wen? Der Starke den Schwachen oder der Schwache den Starken?





Grete und Lieschen als kostenloses E-Book - die ersten 50 Kapitel: 

Samstag, 21. September 2013

Wer nicht aktiv wählt, wählt auch. Nämlich das, was die anderen wählen.

Lieschens Antwort auf Fräulein Grete Meiers Post Nr. 54 ---> guckst du hier

„Jetzt kommen sie alle aus ihren Löchern“ denkt das Lieschen. „Und es sieht aus, als würden sie Farbe bekennen“. Doch ob das wirklich so ist, bezweifelt sie sehr. Wie die Grete in ihrem morgendlichen Gedankenwahn, ausgelöst durch die ganzseitige Tengelmanngruppenanzeige in einer renommierten(?) Tageszeitung schon sehr deutlich herausgefunden hat. Im Grunde halten sie doch alle ihr Fähnchen in den Wind. Oder gegen genau den Wind, der droht, ihnen das von Angestellten erarbeitete Geld aus der Tasche wehen zu wollen.

Wie leicht haben die beiden zur Wahl stehenden Kandidaten für das dritthöchste Amt im Staat es doch den Werbern und Beeinflussern gemacht. Zwei Gesten. Mehr nicht. Keine Inhalte. Keine Persönlichkeiten. Keine Ziele. Nur Bilder. Einfache Bilder können die, die es wollen verbreiten. Solche, die am Hirn des flüchtig Betrachtenden vorbei sofort in den Bauch marschieren und dort auf vorhandene Wünsche treffen.

Die Raute ist es wohl, die den Wunsch zur Ruhe erfüllt. Kinderträume wahr werden lässt. Verbunden mit dem Satz „Mutti wird’s schon richten“ legen sich alle wieder schlafen. 
An den nach oben gestreckten Finger heftet die Presse und mit ihr die Lobbyisten und all jene, die das Schlaflabor Deutschland gerne erhalten wollen, den prägnanten Satz: „Und wieder ein Fettnäpfchen – international ungeeignet“. Tja, denkt das Lieschen, und damit wollen wohl die Wenigsten etwas zu tun haben.

„Zu wem will ich gehen, wenn Mami und Papi, die eben noch gemeinsam zu meiner Beruhigung gewirkt haben, sich scheiden lassen?“ Mag sich der ein oder andere völlig unbewusst fragen, filosophiert das Lieschen weiter vor sich hin. „Bei wem will ich leben? Bei der wortlosen, abwartenden aber Rauteformenden Nichtaneckerin? Oder dem aggressiv Wirkenden, nach vorne Stürmenden, der mich vielleicht eines Tages auch verlässt und mir diesen Finger zeigt?“

Lieschen hofft, dass die Tengelmanns dieses Staates, die ihren Angestellten Versorgung vorgaukeln, die bei näherer Betrachtung doch nur Hunger verursacht und einen enorm hohen Preis hat, nicht ganz so viel Gehör finden, wie sie kraft ihres Geldes meinen, bekommen zu müssen.

„Eine perfekte Wahl können wir nicht treffen“ hat neulich der kluge Herr im Fernsehen gesagt, „aber wir sollten unser Möglichstes tun, uns ein Bild zu machen und dann aktiv zur Wahl gehen und unser eigenes Kreuzchen machen.“

Lieschen hofft, dass es genügend Menschen gibt, die durch breitgetretene Gesten und platte Bilder hindurch ihre eigene Meinung finden und die am Sonntag mit zwei Kreuzchen zum Ausdruck bringen.
Denn, wer nicht aktiv wählt, wählt auch. Nämlich das, was die anderen wählen.

Lieschen hat neulich ein schönes Beispiel dafür gelesen: „Es gibt drei Wähler. Man kann wählen zwischen Todesstrafe ja oder nein. Zwei Wähler entscheiden sich, nicht zu wählen. Der eine, der übrig bleibt, entscheidet: Todesstrafe: ja.“ Für sie ist klar, was sie tun wird. Sie wird wählen gehen.

Mitten in der Nacht hat die Grete noch beim Lieschen angerufen und nur kurz gesagt, dass sie am Samstag zu ihrer Tante und ihrem Onkel fahren muss. Irgendetwas ist vorgefallen. Lieschen hat es nicht genau verstanden und für Nachfragen hatte die Grete keine Zeit. Am Sonntag wird sie berichten, hat sie noch schnell gerufen und aufgelegt.

Lieschen blieb ein wenig verdattert zurück, erinnerte sich aber, dass die Grete den beiden schon vor Wochen bei der Briefwahl geholfen hatte. Was auch immer passiert ist, diese beiden Stimmen fehlen nicht – und sind vielleicht auch noch welche in Gretes Sinn.




Grete und Lieschen als kostenloses E-Book ----> Doppelt gebloggt hält besser

Donnerstag, 19. September 2013

Lieschen füllt den Raum innerhalb der Grenzen

Lieschens Antwort auf Fräulein Grete Meiers Post Nr. 53 ---> guckst du hier


„Das muss man dem Fräulein lassen“ dachte das Lieschen als sie die ganze Geschichte von Gretes Weg zum Café gehört hatte und vor Lachen kaum noch konnte. „Fantasie hat sie! Und was für eine.“ Ob der Grete denn nicht aufgefallen sei, dass sie ebenfalls schon schwer auf die 60 zuginge, wollte sie wissen, nachdem sich die beiden im Inneren des Cafés häuslich niedergelassen hatten. Die Imdreieckspringerei überließe sie ja schon lange den Jüngeren. 
Früher, ja früher, hätte sie so etwas gemacht. In jungen Jahren wäre sie selbstverständlich mindestens mit Regenschirm bewaffnet auf die Übeltäter, die ihr irgendwas verbieten wollten, losgegangen. Gekämpft hätte sie für die Freiheit, tun und lassen zu können, was sie will. Solange es niemand anderem schadet. Das, ja das war der Liese auch früher schon wichtig.

Heute braucht das Lieschen diese Freiheit immer noch wie die Luft zum Atmen und die Zigarette zum Protestieren. Aber heute geht sie anders damit um. Alt und weise wie unsere Liese heute ist, hat sie erkannt, dass sich manches nicht ändern lässt. Auch nicht die Dummheit.

Heute sucht sie sich ihre Nischen innerhalb dieser verrückten Welt, in der Zigarettenrauch in den Gesichtern anderer als Körperverletzung gilt, Besoffene gesellschaftsfähig sind und Krieg als  legitimes Mittel zur Friedensherstellung gilt.

Lieschen hat immer Ideen. Und viele führt sie auch aus. Soll doch die Merkel, der Rösler und wie sie alle heißen, machen, was sie wollen. Rauchen oder nicht. Im Regen stehen oder nicht. Ihr ist das wurscht. Da ist ja eh Hopfen und Malz verloren, meint die Liese, ignoriert die Übeltäter und findet mitten im Verbot ihre Freiheit. Wie gut, dass sie so praktisch ist.

Damit hatte die Grete bei aller Fantasie nicht gerechnet. Als sie nämlich mit ausgebreiteten Armen auf unser Lieschen zuschoss, hätte sie beinahe die hervorragende Konstruktion umgerissen, die das Lieschen mithilfe vom Hermann gebastelt hatte.
Zwei Riesenregenschirme - Sonnenschirme hätte sie nämlich nicht tragen können – eine Holzstange, ein Holzbrett und zwei wunderbar farbenfrohe wärmende Capes hatte sie nämlich vor dem Café installiert, bzw. im Falle der Capes genäht. Für die Holzstange hatte der Hermann ihr Halterungen an die Schirme angebracht und das Holzbrettchen hat er gleich so an die Stange angebracht, dass es den Damen als Tischchen dienen konnte, nachdem Lieschen vor Ort die Stange an die Schirme geschraubt hatte.

Was hat die Grete gestaunt als sie die Kaffeetässchen auf dem Brettchen zwischen den zwei Schirmen sah und erkannte, dass sie hier mit dem Lieschen ziemlich gemütlich und relativ gewärmt Kaffee UND Zigarette genießen konnte. Die Stühle stammten aus dem Café, die musste Lieschen Gottseidank nicht transportieren und im Sitzen ließen sich die auf dem Boden stehende (nur ein wenig wackelige) Konstruktion prima mit einer Hand halten. Also eine Hand von der Grete und eine Hand von der Liese. 

Aber das war auf jeden Fall besser als im Stehen, klatschnass und frierend wie ein Häufchen Elend vor dem Café zusammengekauert stehend zu rauchen und sich von Regenschirmbehüteten Menschen angaffen zu lassen. 
So waren sie bei jeder ihrer gemütlichen Zigaretten ein Augenschmaus für die Vorüberhastenden. Lieschen meint sogar, bei einigen sei ihr Anblick ein Grund zu kurz aufflackernder Freude gewesen. Beweisen kann sie das aber nicht.

So haben die beiden gestern zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen. Sie hatten ihr gemütliches Treffen und sie hatten durch die häufigen Ortswechsel zwischen drinnen und draußen auch genügend Bewegung zum Ausgleich für ihr übliches Schlemmen, das sie natürlich drinnen absolvierten.

Die Entscheidung, ob ein nachmittägliches Freundinnentreffen gelungen oder versaut wird, überlässt die Liese nicht irgendwelchen Politikern. Im günstigen Fall entscheidet sie selbst. 
Innerhalb von Grenzen gibt es meistens eine Menge Raum. Den zu nutzen ist die Kunst.

Es war ein schöner Nachmittag für die beiden. Und glücklicherweise gibt es im Café einen Abstellraum, in dem das Lieschen ihre Konstruktion lagern darf. Natürlich mit der Möglichkeit, dass andere sie nutzen dürfen. Außer am Mittwochnachmittag. Ist ja klar.




Grete und Lieschen als kostenloses E-Book ----> Doppelt gebloggt hält besser

Mittwoch, 18. September 2013

Verlosung!!!

Ihr Lieben,

als Dank für Eure Treue, das regelmäßige Lesen unserer Blogbeiträge und die bereits schon jetzt vielen Downloads unseres E-books wollen wir Euch mit „buntem Zeugs“ beschenken. 

(Sagen wir mal: das alles hat Lieschen beim Kaffee mit der Grete für Euch gebastelt).

Falls Ihr also an einer bunten Glaskette, einer Püschelkette oder einem „Grelie“ Interesse habt, seid Ihr herzlich eingeladen, unter diesem Post oder unter dem Post auf unserer Facebookseite 
kurz eine Nachricht zu hinterlassen. Das hat zur Folge, dass Euer Name in der Lostrommel landet und Ihr mit etwas Glück schon bald im Besitz eines dieser „sinnlosen, aber buntfröhlichen Teile“ sein könntet.


Die Verlosung läuft bis zum 30.9., 24 Uhr. An einem der folgenden Tage ziehen das Fräulein Grete und die Liese unter Aufsicht von Herrn Heinevetter die Gewinner und bald darauf geben wir die Namen hier bekannt.

Verlost werden ingesamt 3 „Grelies“, 3 Püschelketten und 3 Glasketten. Falls Ihr eine Vorliebe habt, könnt Ihr das gerne im Kommentar vermerken.


Falls Ihr das Verlinken wollt, würde uns das natürlich auch freuen.

Zum Download des E-books geht hier entlang: 


bei

oder bei

oder bei

oder bei


Nochmals herzlichen Dank und liebe Grüße
Brigitta und Perdita

(und natürlich auch von Lieschen und Fräulein Grete Meier)





(Lieschen meldet sich morgen wieder wie gewohnt mit ihrer Antwort auf Grete zu Wort)


hier noch ein paar Bilder von den Verlosungsgeschenken:






Dienstag, 17. September 2013

Hurra! Ein E-book!!!

Ihr Lieben,

es ist soweit! 

Die ersten 2 x 50 Posts gibt es ab sofort als kostenloses E-Book.

Dort findet Ihr die Texte nach Tagen sortiert. 
Den Gretebericht und die Lieschen-Antwort sofort hintereinander.

Wir freuen uns über jeden Download!!!

Und falls du bei Amazon eine Rezension schreiben möchtest, 
wäre das natürlich super!







Und wegen der großen Freude und Aufregung fällt der heutige Tagesbericht von der Grete samt Lieschens Antwort aus.

Am Donnerstag gehts weiter.

Vielleicht vergnügt Ihr Euch ja in der "Wartezeit" mit dem Buch!

lieben Gruß



Lieschen erzählt über Hilfsbereitschaft, Hilfe und eigene Kraft

Lieschens Antwort auf Fräulein Grete Meiers Post Nr. 52 ---> guckst du hier

(Info für die, die es noch nicht wissen: Lieschens Antwort auf Gretes abendlichen Tagesbericht erscheint ab sofort nicht mehr unbedingt am gleichen Tag, aber spätestens bis zum nächsten Mittag)


Wenn der Herr Heinevetter vor Hermanns Augen hingefallen wäre, dann hätte er Glück gehabt und die Grete hätte gestern nicht über fehlende Hilfsbereitschaft schreiben müssen. Der Hermann ist nämlich unerschrocken, auch angesichts erschreckender Ereignisse. Jedenfalls meistens. Jedenfalls mitten in der Situation. Hinterher sieht es manchmal ein bisschen anders aus.

Neulich kam er von einem seiner üblichen Spaziergänge aus dem an Wochentagen relativ menschenleeren Park ziemlich aufgelöst zurück. Noch bevor Lieschen ihn fragen konnte, was passiert war, sagte er immer wieder „ach hätte ich doch mein Handy mitgenommen“ und „ab sofort nicht mehr ohne Telefon … auch wenn ich nur kurz draußen bin“. Der Hermann macht nämlich keine langen Spaziergänge. Niemals. Er geht ganz oft am Tag ein bisschen raus. Kurze Wege. Das gefällt ihm. So wie all die Jahre mit dem Hund. Kleine Ründchen. Dafür oft. Das macht er seit er nicht mehr raucht. Hätte er sich früher für ein kurzes Päuschen auf die Terrasse gesetzt, so wie Lieschen das heute noch macht, geht er heute mal eben um den Block oder in den Park. So wie an diesem Tag, an dem er beschloss niemals mehr ohne Handy vor die Tür zu gehen und diesem alten Mann begegnete. Glücklicherweise.

Er saß, so erzählte der Hermann der Liese mit ganz schmutzigem Mantel auf einem Mäuerchen an einem menschenleeren Weg. Weit und breit niemand. Nur der Hermann. Als der an ihm vorbeikam fragte der Mann ganz höflich, ob er ihm bitte helfen könne. Er hätte was mit dem Herzen und er glaubt ins Krankenhaus zu müssen. Weil der Hermann aber nun kein Telefon dabei hatte, musste er seinerseits nach Hilfe Ausschau halten. Kein Mensch zu sehen und das nächste Sträßchen mit den Häusern viele Schritte entfernt. Also fragte er den Mann, ob er eben warten könne, während er ein Telefon suchen ginge. Das wollte der Mann in seiner Angst aber nicht, also stützte der Hermann ihn bis in die Nähe des ersten Hauses und setzte ihn dort wieder auf eine Mauer. Dann hatte er seine liebe Müh und Not ein Haus zu finden, dessen Bewohner zu Hause waren und auch noch bereit, die Tür zu öffnen.

Gottseidank ist alles gut ausgegangen. Irgendwann fand er jemanden, der den Rettungsdienst benachrichtigte. Der kam bald, brachte den alten Mann ins nächstgelegene Krankenhaus  und offensichtlich geschah letztlich alles doch noch perfekt und rechtzeitig.

Dieser Mann sah in seinem schmutzigen Mantel auch ein bisschen wie ein Penner aus. Sagt der Hermann. Doch kam das wohl von den Stürzen, die er infolge seines unwohlen Herzens schon hinter sich hatte. Dem Hermann war das Aussehen des Mannes allerdings völlig schnuppe.

Das Lieschen ist froh, dass es beherzte Menschen wie Hermann gibt, die sich nicht fürchten oder lange Gedanken machen, sondern einfach zupacken. Kein Urteil. Sondern einfach eine angemessene Tat.

Aber man hört so viel in den Medien, denkt das Lieschen. So oft berichten sie über Helfer, die selbst in Not geraten. So oft wird über die Fälle berichtet, in denen irgendetwas schiefgelaufen ist. Ganz selten nur hört das Lieschen von Fällen der Zivilcourage oder Hilfe, die gutgegangen sind. Würden positive Nachrichten die potenzielle Hilfsbereitschaft der Menschen hervorlocken?

Lieschen könnte nicht so empört sein wie der Heinevetter und die Grete. Sie versteht auch die Menschen, die sich, aus welchen Gründen auch immer, zurückhalten. Vielleicht trauen sie sich die Hilfeleistung nicht zu? Vielleicht haben sie selbst sehr große Angst? Vielleicht. Vielleicht.

Dass Herr Heinevetter in seiner zunächst hilflosen Position, auf dem Boden liegend, Angst hatte, das kann das Lieschen gut verstehen und dass ihm nicht gefiel als Penner bezeichnet zu werden, ebenfalls. Dass er aber übersieht, dass er im Grunde gar keine Hilfe brauchte und es ihm offensichtlich glücklicherweise gelungen ist, aus eigener Kraft aufzustehen, stimmt die Liese nachdenklich.




Montag, 16. September 2013

In der Ruhe liegt die Kraft

Lieschens Antwort auf Fräulein Grete Meiers Post Nr. 51 ---> guckst du hier

(Neuerung: Lieschens Antwort auf Gretes abendlichen Tagesbericht erscheint ab sofort nicht mehr unbedingt am gleichen Tag, aber spätestens bis zum nächsten Mittag)

Das Lieschen ist ganz gerührt über den schönen Empfang, den der Heinevetter der Grete bereitet hat. Wie gut, dass gleich jemand zur Stelle war, dem sie von ihren Erlebnissen berichten konnte.  „Aber hoffentlich hat die Grete sich auch erholt“ denkt die Liese nach diesem aufregenden Bericht. Lieschen sorgt sich ein bisschen, dass die Grete nicht genügend Bewegung an der frischen Luft bekommen hat. Die Berta hatte damit ja offensichtlich nicht so viel am Hut. Ob sie sich vielleicht ein Fahrrad gemietet hat? Oder ob sie vielleicht auch ohne die Berta ein wenig in der schönen Landschaft durch das herrliche Wetter gewandert ist?

Lieschen selbst reist ja am liebsten alleine. Da muss sie auf niemanden Rücksicht nehmen und vor allem muss sie keine Absprachen treffen. Was hat sie da nicht schon alles erlebt. Ganze Tage hat sie damit verbracht, auf ihre Mitreisenden zu warten, weil die nicht gesagt hatten, was sie planten. Ganze Vormittage hat sie damit zugebracht, mit den anderen darüber zu verhandeln, wer nun was mit wem macht. Wo gegessen wird. Was gegessen wird. Welche Besichtigungen anstehen und  wann man sich wo wieder trifft, falls die Gruppe sich trennt.

Lieschen liebt klare Rahmen und sie liebt ihre Freiheit. „Von…bis zur freien Verfügung. Treffen um…“ ist ihr bei Gruppenreisen am liebsten. Dann weiß sie, wo sie dran ist. Dann genießt sie die Zeit, die den Stempel „du darfst tun, was du möchtest, ohne dass es den anderen etwas nimmt oder sie belästigt“ trägt. Lieschen ist gerne alleine. Und manchmal ist sie gerne mit anderen unterwegs. Immer alles zu seiner Zeit. Gerne geplant und manchmal auch gerne ungeplant.

So ist sie vor Jahren am Ende einer ihrer üblichen Alleinereisen durch Indien in Bombay (heute Mumbay) am Flughafen angekommen und entdeckte auf einer der riesigen Tafeln im Terminal den Hinweis, dass ihr Flug nach Frankfurt gecancelt sei. „Och“ dachte sie nach ihrer entspanneten Reise und stellte erst einmal in Ruhe ihre Tasche ab. „Ach du meine Güte! … so ein Drama! … Katastrophe! …“ und noch mehr dröhnte es um sie herum. Ihre potenziellen Mitreisenden wuselten von Schalter zu Schalter. Schimpften. Brüllten. Machten viel Alarm.

Lieschen, die ja nur für sich, ihr Wohlbefinden und ihren Rückflug zuständig war, machte sich in Ruhe ein Bild von der Situation. Sie erfasste, dass es außer einer Übernachtung in Bombay noch die Möglichkeit gab, zu versuchen, kostenlos mit einem anderen Flieger mitgenommen zu werden. Eine sympathische und interessante Lösung, fand unser Lieschen und begann, die Terminals der anderen Fluggesellschaften abzuklappern. Ruhig und entspannt wie sie war, zog sie andere potenzielle Mitreisende an und schon bald waren sie 8 Personen, die auf den Wartelisten dreier anderer Flugzeuge nach Frankfurt standen. 
Sie organisierte, dass das Gepäck aller Acht so in der Halle gesammelt wurde, dass alle drei Terminals von dort aus überblickt werden konnten und vor allem, dass man sie von den Terminals aus ebenfalls sehen konnte. 
Jeweils zwei Personen im Wechsel bewachten das Gepäck und alle anderen waren so in der Lage, sich während der Wartezeit frei und ohne Ballast im Flughafen zu bewegen. Ab und an fragte jemand dieser zufällig zusammengewürfelten Gruppe in Ruhe und sehr freundlich an den Terminals nach und ließ sich in gleicher Ruhe bis kurz vor den Abflug vertrösten.

Und natürlich kam es wie es kommen musste. Es gab tatsächlich einen Flieger, der in letzter Sekunde noch 8 freie Plätze hatte. Nonstop Bombay-Frankfurt. Sie wurden alle samt Gepäck in die Kabine gedrängt und waren fünf Stunden vor der geplanten Zeit des Fliegers, der, wenn er geflogen wäre eine Zwischenlandung gemacht hätte, in good old Germany. Während die aufgeregten, schimpfenden Menschen vermutlich immer noch schimpften und vor allem warteten.

Solche Gemeinschaftsaktionen  liebt das Lieschen.

Und dass sie die Türen öffentlicher Toiletten niemals abschließt, muss sie vermutlich nun nicht mehr explizit erwähnen. Was Gretes Berta erlebt hat, hält sie für einen wahrscheinlichen Katastrophenfall, den sie in aller Ruhe im Vorfeld ausschließt.





Sonntag, 8. September 2013

Lieschens Gepäckneurose und noch mehr

Lieschens Antwort auf Fräulein Grete Meiers Post Nr. 50 ---> guckst du hier

Das ist ja eine Überraschung fürs Lieschen. Das Fräulein Grete Meier fährt in Urlaub. Ganz plötzlich. Für eine Woche. „Gut so“ denkt das Lieschen nachdem es sich von der Überraschung und dem Kofferpackbericht erholt hat. „Gut, dass Berta Kalts Freundin krank geworden ist und die Grete für die Freundin einspringen soll.“ Das Lieschen macht sich nämlich schon länger ein bisschen Sorgen um die Grete. Die arbeitet immer so viel und gönnt sich außer mittwochs  keine wirklichen Ruhezeiten. 
Schon manchmal hat die Liese zu ihr gesagt „du solltest mal in Urlaub fahren. Gönn dir mal echte Erholung“. Aber die Grete ist nicht so gut darin, sich auszuruhen oder einfach etwas zu tun, was nur für sie selbst ist. Immer denkt sie an die anderen. Wie die wohl zurechtkommen, wenn sie nicht da ist. Und wenn sie das dann so hin und her überlegt, stellt sie sich selbst wieder hinten an und sagt „ach, weißt du, Lieschen, Urlaub kann ich auch demnächst noch machen.“

Und jetzt hat das Leben selbst organisiert, dass die Grete fährt. Freundin krank. Keine Zeit zum Überlegen und Grete erweist mit ihrem Urlaub der Frau Kalt auch noch einen Gefallen. Gutes Leben, du.

Über Gretes Art den Koffer zu packen hat sich das Lieschen natürlich vor Lachen ausgeschüttet. Schon alleine die Beschreibung von dem großen Koffer. Lieschen selbst ist ja eine Gepäckneurotikerin. Wenn sie verreist nimmt sie immer den gleichen Koffer. Der ist ganz klein. Flugzeughandgepäckgröße. Wenn sie den ganz voll macht hat sie maximal 10 Kilo Gepäck. Egal wie lange das Lieschen unterwegs sein will. Mehr nimmt sie nicht mit. Schließlich will sie ja beweglich sein. Und mehr als diese 10 Kilo kann sie ohne Mühe nicht auf Laufbänder, in Züge oder auf Treppen transportieren. Und Mühe soll so eine Reise ja nicht machen. Findet jedenfalls die Liese.

Neulich hat sie mitten in der Nacht ein Ehepaar am Bahnhof getroffen. Sie selbst hatte ihr Miniköfferchen für eine Woche Süden im Winter dabei. Die beiden hatten jeder einen Riesenkoffer. Lieschen vermutete eine Überseereise, die mindestens einen Monat dauern würde. Aber nein. Die beiden waren unterwegs zu einer DREITÄGIGEN Reise nach Dresden. Die Frau sagte „man weiß ja nie, was man so braucht.“ Und der Mann fügte hinzu „sogar ein Pfund Kaffee hat sie eingepackt.“ 
Sie unterhielten sich während der Fahrt zum Flughafen so angeregt über das Leben, die Vorsorge und das, was man im Leben wirklich braucht, dass sie beinahe vergessen hätten am Ziel aus der Eisenbahn auszusteigen. Solche Gespräche mag das Lieschen. Und auch das Ergebnis, das sie wohl nicht beabsichtigt hat, das aber offensichtlich eingetreten ist. Denn vor nicht allzu langer Zeit hat sie die Frau dieser nächtlichen Fahrt auf der Straße getroffen. Die hat sie gleich wieder erkannt, sie als die Frau mit dem kleinen Koffer angesprochen und gesagt „bei der nächsten Reise lasse ich auch das meiste zu Hause. Ich habe so gut wie nichts aus dem Koffer gebraucht. Den kleineren habe ich schon gekauft.“ Solche Rückmeldungen freuen die Liese. Auch wenn sie es niemals darauf anlegen würde.

Und jetzt ist sie ganz froh über Gretes Urlaub. Sie ist schon jetzt gespannt, welche neuen Eindrücke und Ideen sie mit nach Hause bringen wird. Auf den Bericht freut sie sich schon jetzt. Es geht doch nichts über einen Tapetenwechsel, über einen Ausbruch aus dem täglichen Einerlei. „Das wird der Grete gut tun“ bekräftigt sie noch einmal. „Und auch dem Chef und der Hausgemeinschaft“ schiebt sie hinterher, „die wissen die Grete hinterher wahrscheinlich noch ein bisschen mehr zu schätzen.“

Und auch sie selbst freut sich schon auf ihre Rückkehr. Wünscht ihr aber erst einmal einen wunderbaren Urlaub!